Gletscherschutt blockiert FlussSee dürfte binnen Stunden überlaufen

Im Schweizer Lötschental droht nach dem Gletscherabgang erneut Gefahr: Durch das herabgestürzte Eis und Gestein staut sich das Wasser eines Flusses zu einem See auf. Der Schuttkegel dürfte die Wassermassen nicht mehr lange halten können. Wie schlimm die Folgen sein werden, ist noch nicht abzusehen.
Nach dem Gletscherabbruch in der Schweiz spitzt sich die Lage hinter der riesigen entstandenen Geröllhalde zu: Das Flussbett der Lonza ist blockiert. Deshalb bildet sich dort ein See, dessen Pegelstand zeitweise drei Meter in der Stunde stieg. Das habe sich zwar verlangsamt, berichteten die Behörden im Lötschental am Abend. Der See breite sich nun in der Fläche aus. Sie rechnen aber damit, dass die immensen Wassermassen den See in den frühen Morgenstunden zum Überlaufen bringen.
„Ziel ist es, diesen Prozess möglichst gut zu antizipieren und die Sicherheit der Bevölkerung weiter unten sicherzustellen”, sagte Christian Studer von der Dienststelle Naturgefahren bei einer Pressekonferenz in Ferden im Lötschental. Was genau passieren könnte, versuchen Spezialistinnen und Spezialisten nun rund um die Uhr mit Erfahrung und Computermodellen vorauszusagen.” An diesem Donnerstag waren nach Angaben des Zivilschutzes bereits 16 Menschen aus Wiler und Kippel evakuiert worden, zwei von Blatten aus flussabwärts im Lötschental gelegenen Ortschaften.”
Flutwelle oder Gerölllawine möglich
Dass eine riesige Flutwelle das Tal hinunter donnert, sei zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht auszuschließen, sagte Staatsrat Stéphane Ganzer, Mitglied der Walliser Kantonsregierung. Der Druck durch das nachfließende Wasser der Lonza sei da, insofern könnten sich die Wassermassen auch plötzlich einen Canyon durch den Schuttberg brechen. Zudem werde am Freitag oben im Tal mit 20 Grad Temperatur gerechnet. Dann schmelze der Schnee, was die Wassermengen noch erhöhe.
Nach Angaben von Studer ist aber ein Szenario wahrscheinlicher mit einem langsameren Abfluss, „dass der See sich schrittweise entleert, dass das in geordnetem Rahmen abläuft”. Gut sei, dass das Gefälle am Schuttkegel eher flach ist, sagte Studer. Möglich sei auch, dass das Wasser das abgelagerte Material verflüssigt und mit ins Tal reißt. Aber auch dabei sei zu erwarten, „dass nicht allzu viel Geschiebematerial auf einmal abgeht.” Im Ort Ferden weiter unten im Tal gibt es ein Staubecken und eine Staumauer. Experten gingen davon aus, dass dort sämtliches Material aufgehalten werde.
Weitere Felsstürze möglich
Die Lage am Berg ist nach wie vor gefährlich. Zum einen drohen am Berg Kleines Nesthorn weitere Hunderttausende Kubikmeter Fels abzustürzen. Von dort waren Felsbrocken auf den Birschgletscher gestürzt, der unter der Last am Mittwochnachmittag abbrach und ins Tal donnerte. Von den gigantischen Mengen Geröll wurde ein Teil auf der gegenüberliegenden Talseite hochgeschoben. Dort drohen nun Gerölllawinen. Wie stabil der eigentliche Schuttpegel ist, weiß auch niemand. Weil darin Eis ist, könnten sich Wassertaschen bilden. Räumtrupps der Armee stehen zwar bereit, aber das Gebiet zu betreten sei noch zu gefährlich, so die Behörden.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP