Trotz VerurteilungNSU-Helfer Ralf Wohlleben kommt frei

Die NSU-Urteile sind gesprochen, doch die Mühlen der Justiz mahlen weiter. Mit Ralf Wohlleben darf ein weiterer Verurteilter die U-Haft verlassen.
Das Oberlandesgericht München hat den Haftbefehl gegen Ralf Wohlleben aufgehoben. Wohlleben war in der vergangenen Woche im NSU-Prozess zu einer Haftstrafe von zehn Jahren verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er die Waffe besorgt hatte, mit der die NSU-Morde begangen wurden. Wohlleben wurde deshalb der Beihilfe zum Mord in neun Fällen schuldig gesprochen.
Seine Verteidiger bezeichneten ihn als unschuldig und forderten Freispruch. Sie wollen das Urteil vom Bundesgerichtshof überprüfen lassen.
Der frühere NPD-Funktionär hatte bereits sechs Jahre und acht Monate in Untersuchungshaft gesessen. Da das Verfahren nun abgeschlossen ist und Wohlleben höchstens noch drei Jahre und vier Monate inhaftiert werden könnte, sah das Oberlandesgericht keinen Haftgrund wie beispielweise Fluchtgefahr mehr. Wohlleben kam demnach bereits am Dienstag frei und bleibt das mindestens so lange bis das Urteil rechtskräftig ist.
Wo Wohlleben sich nach seiner Entlassung befindet, sei dem Gericht nicht bekannt, hieß es. Das Innenministerium in Magdeburg teilte auf Anfrage mit, dass Wohllebens Frau und gemeinsame Kinder ihren Wohnsitz in Sachsen-Anhalt haben. Die Behörden bereiteten sich darauf vor, dass auch Wohlleben selbst seinen Wohnsitz in dem Bundesland nehmen werde. Sachsen-Anhalt befinde sich in enger Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. Weitere Details, auch zum genauen Wohnort von Wohllebens Familie, nannte das Ministerium nicht.
"Bitteres Ergebnis"
Unmittelbar nach dem Urteilsspruch war bereits der Haftbefehl gegen André E. aufgehoben worden. Die Untersuchungshaft sei nicht mehr verhältnismäßig, begründete der Vorsitzende Richter Manfred Götzl in diesem Fall die Aufhebung des Haftbefehls.
Sebastian Scharmer, der im Prozess die Nebenklägerin Ganze Kubasik vertreten hatte, nannte die Aufhebung der Haftbefehle juristisch die logische Folge der relativ niedrigen Strafen. "Während Gamze Kubasik weiter auf die versprochenen Antworten, weiter auf Aufklärung des Mordes an ihrem Vater wartet, lassen sich nun zwei der maßgeblichen NSU-Unterstützer draußen von der Neonaziszene feiern", so Scharmer in einer Stellungnahme. "Für Gamze Kubasik und ihre Familie ist das als Ergebnis des über fünf Jahre lang andauernden Prozesses bitter.“
Quelle: ntv.de, sba